CR296 Wie eine wünschenswerte Art der Digitalisierung aussehen könnte ()
Seit einigen Monaten gibt es Diskussionen um „Digitalzwang“ oder „App-Zwang“, die sich vor allem um das Beispiel der Deutschen Bahn und ihrer App, das Ende der Bahncard als Plastikkarte und den zeitweisen Zwang zur Angabe einer E-Mail-Adresse oder Handynummer für Bahntickets rankten. Häufige Fragen waren: Darf Digitalisierung auf diese Weise erzwungen werden? Wie wichtig ist das Bahnfahren für das gesellschaftliche Leben, wenn ein Teil der Bevölkerung von Bahn-Dienstleistungen ausgeschlossen wird, der etwa kein passend funktionierendes Smartphone hat? Denn es gibt Menschen, die nicht online sind, aber auch die, die bei der Deutschen Bahn nicht online buchen wollen.
Es gibt immer mehr Lebensbereiche, wo etwas, was früher auch ohne ging, nur noch mit passenden Geräten, Internet und Strom oder Akku zu machen ist. Aber nicht immer dient das der Verbesserung der Dienstleistungen. Im Kern geht es den Anbietern oft nur darum, Geld zu sparen. Wenn aber ein Smartphone oder eine App für eine Handlung vorausgesetzt wird, schließt das eine Reihe von Menschen aus. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind mehr als fünf Prozent der Menschen in Deutschland (in der Altersspanne zwischen 16 und 74 Jahren) vollständig offline, benutzen das Internet also nie. Das sind mehr als drei Millionen Menschen, aber keineswegs die einzigen Betroffenen.
Wir versuchen zu klären: Welche Formen von „Digitalzwang“ gibt es? Gehört dazu auch der Zwang, bestimmte große Tech-Konzerne zu benutzen? Denn ein App-Zwang hat faktisch heute so gut wie immer die Folge, dass man auch Google oder Apple verwenden muss.
Was wäre denn eine wünschenswerte Welt der Digitalisierung? Wie könnten digitale Lösungen oder durchdachte digitale Dienstleistungen aussehen, die wir wollen? Gibt es eine grundrechtsfreundliche Digitalisierung? Brauchen wir gar ein Grundrecht auf analoges Leben? Und wer trägt eigentlich die Ausfallrisiken der Technologien?
Kann Digitalisierung eine zusätzliche Barriere sein, und was hat das Ganze überhaupt mit Barrierefreiheit zu tun? Und was haben IT-Sicherheit und Barrierefreiheit gemeinsam? Das alles bespricht Marcus Richter mit Jana Mattert, Referentin für Barrierefreiheit beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), Jürgen Bering von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Constanze Kurz vom Chaos Computer Club.
ePA, Bahncard, Deutschlandticket, Parkschein, Bankgeschäfte – ohne Zustimmung zu den (übergriffigen) AGB von Google oder Apple nicht möglich.
Da jeder Bürger offensichtlich zwingend ein Google-Konto benötigt, schlage ich vor, jedem Kind gleich bei Geburt eine Google-ID einzurichten. Die Google-ID kann dann gleich die Steuer-ID ersetzen, für Führerschein, Personalausweis usw. gibt es mit Sicherheit passende Services.
Im Ernst: Mir ist schleierhaft, wie das mit dem Ziel der digitalen Souveränität Europas in Einklang zu bringen ist. Für essentielle Dienstleistungen sollte mindestens eine Webseite verpflichtend sein. Von einer API wage ich kaum zu träumen.
Das, was grad abläuft, ist keine Digitalisierung sondern Enshitification und Kapitulation.
Ich schlage vor Digitalrechte Begründen würde ich das mit dem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung und dem Diskriminierungsverbot.
So kurz, weil ich kein Jurist bin. Wer sich mit mir zu dem Thema Austauschen will sehr gerne auch über mastodon, sprecht mich gerne an. Ich arbeite als Softwareentwickler vorwiegend für den ÖD und bin selbst stark Sehbehindert
Kleine Randnotitz noch zu Digitalrn Dokunenten, die bekommen ich ja sehr oft ausgedruckt überreicht oder als digitale Pixelgrafik zugestellt. Digitale Dokumente sind nicht immer zugänglich.
Zweite Randnotitz: der Begriff der Accessibility / Zugänglichkeit vermittelt viel anschaulicher, dass ich das messen kann und dass es niemals absolut ist. Die Zugänglichkeit kann ich immer verbessern oder verschlechtern, Barrierefreiheit erzeugt in meiner Wahrnehmung zu leicht ein geschlossene Frage.
Danke für euren Podcast. Danke Marcus, dass du immer wieder auf den Hörer achtest und auf die Struktur. Constanzes Beiträge sind immer wieder wertvoll und sie hat ein umfangreichen Wissensschatz. Mir würde es sehr helfen, wenn weniger unterbrochen wird, wenn weniger männliches Redeverhalten an den Tag gelegt wird. Statt auf Fragen zu antworten, auf die Frage mit einer bestimmten Agenda zu antworten ist nicht hilfreich. Als Gast, wie Constanze, muss man nicht in der Podcast-Struktur, die Marcus vorgibt, mitdenken. Einfach mal loslassen und vor allem anderen zuhören. BITTE. Bei einer Ja-/Nein-Frage muss man nicht zig neue Fässer aufmachen. Ich habe teils wirklich Probleme zu folgen, wenn Constanze sich einschaltet und womöglich noch versucht, beim Reden über Marcus roten Faden nachzudenken. Ich mag den Podcast sehr, aber bitte mehr Marcus machen lassen.
Das Beispiel, das mir sofort einfiel, wurde nicht genannt: Elternbriefe der Schule werden hier nur noch per Mail oder app versandt… müssen aber auf Papier bestätigt dem Kind wieder mitgegeben werden
Der Schulpflicht und ihren Folgen darf man sich ja nicht entziehen
Reply by: Paolo Del Bene (19/12/2024) (English language)
first of all, I will take care of wishing you all a „Joeux Noël“, and now if you allow me, I will take care of answering your article regarding the „Digitalization“, which the Deutsche Bahn railway company would like to apply or which it has already done.
In the meantime, to implement a „Digitalization“; it is not written anywhere that it is mandatory to provide your personal data and this is something that unfortunately is experienced throughout the world, precisely because people do not intend to have a real conscience and as regards the laws of their country and because everything is left to the Public Administration, totally excluding the participation of the citizen, people must be involved in Social Life, if they intend to have a role, or as is happening now, they will be totally excluded.
I would like to remind you for example that IRC „Internet Relay Chat“, is still alive and well and since 1987, it is a great way to converse, and therefore to write in chat, it is not written anywhere, that you have to provide your personal data, I continue to use irc since 1991 from 33 years, people have been told lies of all kinds, such as lies about Hackers and that to have access to services, it is mandatory to provide your personal data, it is not true at all and I have been saying this for several years, but people prefer to be deceived, tricked, rather than roll up their sleeves and get to work, to develop something that can really meet their needs!
Irc for example, never required personal data, in Irc you enter with your own nickname that you can decide to register or not, but the request for personal data in 37 years, by Irc, has never been made!
Asking yourself a question and giving yourself an answer is very useful, „why is the Deutsche Bahn railway company asking for personal data?
What is their profit in relying on certain data?“
That in Germany there are still more than 3,000,000 people who have not wanted to become familiar with computer and telematic systems can only displease me, but in part it is also their choice, that of wanting to be cut off from the social context, where it is written that digitalization means relying on corporations?
If the citizen intends to have a role, let him be the first to come forward and suggest the development of: „Free Software“, to be implemented by governments, in the lives of citizens.
As long as the people continue to alienate themselves from social life, they themselves will find themselves having to be responsible for the risks of a technological failure, but if the citizen is involved, the music will change for governments too.
There are a vast array of solutions for secure computer and telematic systems, you just need to get busy in certain contexts.
Interessanter Gedanke gegen Abschluss der Folge, dass möglicherweise das Wort „Digital-Zwang“ unerwünschte Widerstände von Digitalisierungs-Fans weckt, die mit Widerständen ohnehin leidgeprüft sind und so oft auch beim Datenschutz schon vorab Widerstand erwarten. Ich teile dass hier das Wort „Zwang“ vielleicht in diese Richtung triggert. Wie wäre „Digital-Einbahnstraße“ zum Beispiel?
Vielen Dank für euren Podcast und die interessanten Einblicke. Ich glaube die Schwierigkeit das Problem begifflich zu fassen ergibt sich aus dem Umstand, dass ihr mit dem Gegensatzpaar digital/analog angefangen habt. Das ist bei „Digitalisierung“ leider häufig der Fall. Dieses Gegensatzpaar verstellt nämlich den Blick auf den größeren Zusammenhang, nämlich auf den Leitmedienwechsel, der uns zur Kultur der Digitalität führt. Mehr dazu hier: https://seagent.de/how-to-avoid-epic-facepalms-in-the-future/
Eigentlich müsste die Forderung lauten, dass Teilhabe vor dem Hintergrund der Kultur der Digitalität gerecht gestaltet werden muss. Das schließt dann auch alle Gruppen ein, von denen ihr sprecht. Damit sind sowohl Schnittstellen zur Infrastruktur für Benachteiligte beinhaltet, als auch die Bedürfnisse von Techies datenschutzgerecht neue kulturelle Praktiken zu verfolgen.
(Natürlich bedarf diese Forderung einer Ausgestaltung)
Danke für Euren gut gemachte Podcast und die differenzierten Betrachtungen zum Thema Digitalzwang. Dbei musste ich sofort an ein eigenes Erlebniss denken:
Ich war vor kurzem bei der Agentur für Arbeit in Frankfurt/Main um mich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen, für das Arbeitsamt sind dies zwei getrennte Schritte die aufeinander aufbauen. Der erste Step – sich Arbeitslos melden – ist noch mit einem Sachbearbeiter – also analog möglich.
Um das Prezedere zu vereinfachen wollte ich bei diesem Agenturbesuch auch gleich den Antrag für Arbeitslosengld stellen. Das wurde abgelehnt, mit dem Hinweis das dies zur Zeit nur online möglich wäre und ich das mit meinem Smartphone machen könne.
Alternativ könne ich vor Ort ein Terminal benutzen, es gäbe auch Mitarbeiter vor Ort welche einem beim Ausfüllen helfen würden. Ansonsten soll ich an einem anderen Tag noch einmal zu einem Sachbearbeiter kommen.
Ich hatte überhaupt keine Lust mich mit erfahrungsgemäß schlecht strukturierten und nutzerunfreundlichen Behördenformularen zu beschäftigen. Hinzu kommt dass bei der Antragstellung spezielle Anforderungen an den Browser gestellt werden und mein Firefox nicht funktionierte. Hinweis auf der Website: Es werden nur Browser mit einem Marktanteil über 5% unterstützt – soviel zum Thema Barrierfreiheit….
Also ging ich am nächsten Tag erneut hin. An diesem Tag wurde ich gar nicht erst zu einem Sachbearbeiter vorgelassen, man teilte mir bereits im Eingangsbereich mit dass der Antrag auf Arbeitslosengeld ausschließlich online möglich wäre. Ich war überrascht und verärgert, schleißlich verwies man mich auf ein Terminal im gleichen Raum. Kurz darauf erschien ein Mitarbeiter der mir bei der Antragstellung helfen wollte. Allerdings fand das Ganze schnell ein Ende als sich herausstellte dass ich für den Antrag meinen Kundennamen und das Passwort benötigte, das letztere hatte ich nicht dabei und musste dann unverrichteter Ding e wiedergehen.
Am Terminal nebenan konnte ich zufällig beobachten wie einem anderen älteren Antragsteller geholfen wurde. Die Hilfe bestand darin dass ein Mitarbeiter der Agentur gleich das komplette Smartphone übernahm um das entsprechende Prozedere selbst durchzuführen. Möglicherweise nett gemeint – meiner Einschätzung nach ist sowas ein Datenschutz-Gau.
Ich finde das eine sehr bürgerunfreundliche Art der Zwangs-Digitalisierung, gerade in einem so wichtigen Lebensbereich. Ich habe den Eindruck dass hier interne Prozesse auf Kosten der Antragsteller verkürzt werden. Der Arbeitslose wird gezwungen die Arbeit eines Sachbearbeiters zu übernehmen damit in der Behörde Zeit und Kosten gespart werden können.